04.04.2007 | VdM Verband deutscher Musikschulen
"Die Musikschulen sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres kulturellen Lebens."
Monika Griefahn, Vorsitzende Bundestagesausschuss für Kultur und Medien
Als gelernte Mathematikerin weiß ich, wovon ich spreche, wenn ich in der musikalischen Bildung das notwendige Komplement zur kognitiven Bildung, die durch Sie vermittelt wird, sehe. Und der VdM hat völlig zu Recht anlässlich seines 50-jährigen Gründungsjubiläums im vergangenen Jahr unterstrichen, dass er mit zukunftsweisenden Konzepten stets ein engagierter Motor aktueller Musikschularbeit ist.
Auf dem heutigen Kongress stellen Sie konzeptionell das Unterhaltsame und Vergnügliche in der Musik heraus und knüpfen damit an die Grundlage erfolgreicher Pädagogik und Didaktik an: nämlich an die Motivation, ohne die eine freie Persönlichkeitserziehung nicht möglich ist.
Musikerziehung und Persönlichkeitserziehung: das Eine bedingt das Andere. Aktuelle Studien belegen den wesentlichen Einfluss von erweiterter Musikerziehung auf die allgemeine und individuelle Entwicklung von Kindern, auf die herausragende Bedeutung für die Entwicklung sozialer Kompetenz, für die humane Dimension des Zusammenlebens und für das Interesse an geistigen und kulturellen Dingen.
Ich halte Musikerziehung für die ästhetische Bildung für wesentlich, und die ästhetische Bildung für gleichbedeutend mit der pädagogischen Hinführung zu einem ästhetischen Urteilsvermögen, das wiederum auch Grundlage für eine kritische Medienerziehung ist.
(...) Kulturelle Bildung, und insbesondere kulturelle Bildung im Medienzeitalter, das heißt für mich stets und insbesonders auch Musikerziehung. Sie bedeutet Bildung über, durch und zu Kultur.
Sie beinhaltet, wie das Gutachten "Kulturelle Bildung im Medienzeitalter" von Prof. Pazzini, das im Auftrag des BMBF zur inhaltlichen Konkretisierung des Programms "Kulturelle Bildung im Medienzeitalter" der Bund-Länder-Kommission erarbeitet wurde, feststellt, Möglichkeiten und Ressourcen, die in den Wissenschaften, insbesondere in den Naturwissenschaften und in der Mathematik nicht oder nur in geringem Maße zur Verfügung stehen.
Und kulturelle Bildung, mithin also wesentlich auch musikalische Bildung, ist nicht Luxurierendes, sondern, in ökonomischen Begriffen, eine Ressource ersten Ranges. Sie vermittelt Schlüsselqualifikationen für eine gelingende Lebensführung und unter den Bedingungen der gesellschaftlichen Modernisierung. Ich nannte am Anfang "Globalisierung" und "Virtualisierung", wird sie auch als Sinn- und Orientierungsangebot immer wichtiger.
Unsere Bildungspraxis darf sich also nicht nur an den Erfordernissen der Sozial- und Wirtschaftspolitik orientieren, sondern sie muss die grundlegende Dimension von Kultur aufgreifen.
Musikerziehung in Schulen und Musikschulen muss also, so lautet mein Fazit, integraler Bestandteil in jeder Konzeption umfassender Bildung sein. Denn, wer Musik macht, kommt auch weniger auf destruktive Gedanken. Wie schon unser Innenminister Schily sagte: wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit!
Und ich möchte aus meiner Sicht noch 4 Thesen zum Stellenwert des Musikunterrichts und der Musikerziehung hinzufügen:
- Im Interesse einer effektiven Bildungsreform und vor dem Hintergrund der PISA-Ergebnisse ist es notwenig, eine breite Basis von Kunst- und Musikausbildung in Deutschland aufzubauen.
- Besonderes Interesse sollte einer allgemeinen musikinstrumentalen Ausbildung gelten, sowohl im Rahmen der frühkindlichen Erziehung als auch in der weiterführenden Bildungsentwicklung.
- Der Stellenwert des Musikunterrichts und der Musikerziehung sollte darin nachhaltig aufgewertet werden.
- In Bezug auf die Bedeutung des Musikunterrichts und von Musikerziehung im Allgemeinen gilt es gesamtgesellschaftlich umzudenken und beides als wesentliche Faktoren der Schul- und Persönlichkeitsbildung herauszustellen. (...)"
Grußwort zur Eröffnung des Musikschulkongresses '03, 9. Mai 2003 in Hannover
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