07.01.2025 | VdM Verband deutscher Musikschulen

It is with great sadness that we need to let you know

Wolfgang Stange 6. Juli 1947 – 3. Dezember 2024

 

Wolfgang Stange im Sommer 2024 auf der Havel.

Foto Irmgard Merkt

Nachkriegszeit in Berlin-Tegel. Der Vater ist immer wieder arbeitsloser Ofensetzer, die Mutter näht zu Hause. Jahrelanges Gewusel in der Zwei-Zimmer-Wohnung: Drei Kinder und aus Thüringen geflüchtete Ost-Verwandte der Mutter. Als der 14-Jährige die Abstellkammer mit Bett für sich bekommt, ist es das reine Glück. Das Wuselige aber ist lebenslang geblieben: Immer war jemand da und willkommen. Immer wurden alle bekocht und umsorgt.

 

Dem Berliner Arbeiterkind war die Gründung des AMICI DANCE THEATRE und die höchste Wertschätzung als Pionier des Inklusiven Tanztheaters in aller Welt keineswegs in die Wiege gelegt. Und doch – genauso kam es. Im Anschluss an die Lehre als Koch führt der Weg nach London zur Tänzerin, Choreografin und Lehrerin Hilde Holger, die, 1939 vor dem Holocaust nach Indien geflohen, schließlich in London „The Hilde Holger School of Contemporary Dance“ gründet und bis zu ihrem Tod 2001 leitet. Für Darius, den Sohn mit Down-Syndrom, entwickelt die Mutter eine Tanztherapie.  Wolfgang Stange erlebt Fordern und Fördern, Zutrauen, Ehrlichkeit und Respekt – und auch seine Grundhaltung ist geboren.

 

Die Teilnahme an seinen Workshops wurde zum pädagogischen und künstlerischen Abenteuer von unbedingter Ehrlichkeit und unbedingter Kreativität.  In-Szene-setzen und Tricksereien um Aufmerksamkeit, das wurde nicht geduldet. Gefordert und gefördert wurde das persönliche Bewegungsrepertoire. Alles begann meist damit, den Anfangsbuchstaben des eigenen Namens in Gebärdensprache zu tanzen. Aus der Gebärde wurde die Gestalt, aus der kleinen Bewegung die große, aus der kleinen Assoziation die große Szene. Jede und jeder konnte zum Vorbild und zur Bewegungsanregung werden – in den Proberäumen des Lyric Hammersmith Theatre in London, in Workshops zwischen Europa und Japan und ebenso in den internationalen Online-Treffen der vergangenen Jahre. „Who will lead us now?“ war die typische Frage. Und wir folgten.

 

1980 gründet Wolfgang Stange das AMICI DANCE THEATRE in London (www.amicidance.org). In diesem Jahr hätte das 45. Jubiläum stattfinden sollen – mit einem Stück über das Leben mit seinem Partner, dem Maler George Beven aus Sri Lanka. Es hätte ein Stück werden sollen über Bau und Fall der Berliner Mauer, über Beginn und Ende des Bürgerkriegs in Sri Lanka, über Trennung und Wiedervereinigung. Die Verbindung von politischen mit menschlichen Themen war Wolfgang Stanges künstlerisches Credo. Ein Stück über das Leben von Käthe Kollwitz war damit ebenso selbstverständlich wie eines über den Tsunami und über die Folgen des Bürgerkriegs in Sri Lanka. Kein Stück, von dem das Publikum nicht zu Tränen gerührt und tief bewegt war. Die Mutter eines Amici-Tänzers: „Ich habe 10 Jahre lang bei jeder Aufführung geweint. Damit aufhören konnte ich erst, als ich begonnen habe, selbst mitzutanzen.“

 

Wenn wir – alle Betroffenen aus dem Umfeld Tanz, Musik und Inklusion, der Kurs BLIMBAM des Verbandes deutscher Musikschulen, das Orff-Institut Salzburg und zahllose Einrichtungen in aller Welt – uns wieder gefasst haben, wird es unsere Sache sein, ein solches Erbe zu gestalten.   

 

Irmgard Merkt


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