Ein Klanggarten für Familien mit unheilbar erkrankten Kindern

In der einen Hand einen Korb gefüllt mit selbst gepflückten Kirschen und Stachelbeeren, in der anderen eine kleine Trommel, läuft ein Mädchen bei strahlendem Sonnenschein über die weite Obstwiese zu den Hängematten in den alten Apfelbäumen.

 

 

In den begehrten Plätzen entspannen sich bereits andere Kinder. Manche von ihnen unterhalten sich lebhaft, andere sind eingeschlafen. Die große Picknickdecke voll mit Instrumenten und mitgebrachten Decken und Kuscheltieren liegt bereit für alle, die es musischer und vielleicht etwas lauter mögen.

 

Ein idyllischer Tag auf einer Streuobstwiese im havelländischen Obstbaugebiet. Von überall her hört man verschiedenste Klänge. Geigen, Gitarren, Glockenspiele, Flöten, der Rhythmus von Trommeln und auch bunte selbst gebastelte Instrumente sind im Einsatz. Musik kann Trost spenden. In der Musik können Gefühle gemeinschaftlich zum Ausdruck gebracht werden, die im belastenden Alltag der betroffenen Familien kaum Raum finden. Musik kann Spielräume eröffnen, die sich die kranken Kinder und deren Geschwister oft nicht genehmigen. Sie kann aber auch einfach Spaß machen und die Kinder das „normale“ Leben spüren lassen. Die Natur trägt diese Musik und bringt sie in Bewegung.

 

Das Anliegen des 2013 von 8 Frauen in Berlin gegründeten Vereins „Zuckerbaum e.V.“ ist es, schwerstkranken Kindern und deren Geschwistern eine unbeschwerte Zeit zu schenken, in der sie für ein paar Stunden den belastenden Krankheits- und Familienalltag hinter sich lassen können. Die unheilbar erkrankten Kinder, deren Geschwister und Familien werden von der in Berlin und Brandenburg ansässigen Björn Schulz Stiftung in dieser schweren Lebensphase betreut und begleitet. Das Kinderhospiz Sonnenhof in Berlin Pankow, eine Einrichtung der Björn Schulz Stiftung, ist der Ort, wo Familien einen Aufenthalt finden, wenn eine Betreuung des erkrankten Kindes zu Hause nicht mehr möglich ist. Im Alltag ist der Fokus der Familien vordergründig auf das erkrankte Kind gelenkt. Die gesunden Geschwister treten in den Schatten und müssen oftmals nur noch funktionieren. Es bleibt meist wenig Zeit für ihre Wünsche und Bedürfnisse.

Hier auf der Streuobstwiese können sie für eine gewisse Zeit von ihren Sorgen loslassen. Sie tauschen sich mit anderen, ähnlich betroffenen Kindern und den Betreuern aus und finden durch Musik und Tanz eine Ausdrucksform jenseits der Sprache.

 

16 Mädchen und Jungen zwischen zwei und 19 Jahren, ausgewählt von den Koordinatoren der Björn Schulz Stiftung, sind auf die sommerliche Streuobstwiese eingeladen um hier die einwöchige Projektwoche "Klanggarten" in freier Natur zu erleben. Sie wurden von ihren betreuenden Koordinatoren der Björn Schulz Stiftung aus Berlin, Potsdam und Brandenburg an der Havel morgens abgeholt und abends wieder nach Hause gebracht. Am Tag selbst wie auch während der zum Teil langen Fahrten ist viel Zeit für das Thema „Sterben und Tod“, das diese Kinder stark beschäftigt.

 

Die Idee der Projektleiterin und Musiktherapeutin Hanne Schäfer war es, die mit diesem Thema zusammenhängenden Gefühle und Anliegen musiktherapeutisch zu begleiten. Und zwar nicht wie gewohnt in einem geschlossenen Therapiezimmer, sondern in einem Raum ohne Grenzen auf einer Streuobstwiese in freier Natur. Dort, wo kein Haus zu sehen ist, nur ab und zu ein Bauer auf dem Traktor an der Wiese vorbeifährt oder ein Reiter von seinem Pferd freundlich grüßt. „Unser Wunsch war es, auf der Wiese in der Geborgenheit der Natur und der Gemeinschaft der Menschen den Körper im Spiel mit allen seinen Sinnen neu zu erfahren und den Kindern Momente der Freude und Sorglosigkeit zu ermöglichen“, erzählt Karin Wiserner. Die Vorstandsvorsitzende des Vereins „Zuckerbaum e.V.“ erwarb die Streuobstwiese zwei Jahre zuvor und entschied sich diesen schönen Platz für Projekte mit der Björn Schulz Stiftung zur Verfügung zu stellen. In Kooperation mit der Kreismusikschule Potsdam-Mittelmark »Engelbert Humperdinck« entstand so die Idee zu diesem ersten Ferienprojekt. Der Verband deutscher Musikschulen e.V. finanzierte das Projekt im Rahmen des Förderprogramms »Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

 

Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts stellte die Entstehung eines Klanggartens dar. Die Geschwisterkinder schufen zusammen mit den Dozenten und einer darauf spezialisierten Instrumentenbauerin vor Ort eine kreative Installation aus vielfältigen Musikinstrumenten. Beim Bauen der Instrumente ist nicht nur das handwerkliche Geschick der Kinder zum Tragen gekommen. Sie schufen mit ihrem Einsatz auch einen Bleibenden Wert für die Obstwiese. Stolz haben sie am letzten Tag ihre in den Bäumen hängenden Instrumente ihren Eltern und kranken Geschwistern in einem Konzert vorgestellt. Zum Abschluss wurden beim Klang der Musikinstrumente drei junge Bäume gepflanzt, die mit Wunschbändern behangen wurden und an die während der Laufzeit des Projekts verstorbene Kinder erinnern sollte. Der entstandene Klanggarten ist Motivation und Grundstein für zukünftige musische und künstlerische Projekte.


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