26.09.2013 | Deutsche Streicherphilharmonie

Musikalischer und interkultureller Auftrag

Gastspielreise der Deutschen Streicherphilharmonie nach Ecuador zum 40. Geburtstag des Orchesters

 

Orchestermitglieder am Mittelpunkt der

Erde: im Museum Inti Nan. Foto: DSP

Die Zugabe ihres dritten und letzten Konzertes in Quito, dem Ausgangs- und Endpunkt der elftägigen Jubiläumstournee durch Ecuador, widmeten die Nachwuchstalente der Deutschen Streicherphilharmonie (DSP) unter ihrem Chefdirigenten Michael Sanderling den beiden Organisatoren vor Ort, Hannes und Andy. Quasi Tag und Nacht waren diese für die reibungslose Abwicklung der Gastspielreise im Einsatz gewesen. Mit dem peppigen ersten Satz aus „Palladio“ von Karl Jenkins trafen die jungen Musikerinnen und Musiker ihre beiden Wegbereiter und -begleiter am Ende der gemeinsamen Zeit mitten ins Herz. Abschied nehmen hieß es für die 49 DSP-„Kids“ an diesem Abend aber auch von „ihrem Sandy“, wie sie den Chefdirigenten der Dresdner Philharmoniker insgeheim liebevoll nennen. Nach zehnjährigem, großartigem Engagement für das Spitzenensemble der deutschen Musikschulen gab Sanderling den Dirigierstab in diesem Sommer an Wolfgang Hentrich weiter. Wenige Tage zuvor hatten sich die jungen Musiker bereits in Deutschland offiziell von ihm verabschiedet, mit einem umjubelten Auftritt im ausverkauften Konzerthaus Berlin im Rahmen von „Young Euro Classic“.

 

Bevor die 11- bis 19-jährigen Nachwuchstalente mehr als 1.200 Zuhörer in der Casa de la Música in Quito zu Standing Ovations hinreißen konnten – im musikalischen Gepäck Mozarts Divertimento KV 136, Mendelssohns Streichersinfonie Nr. 10, George Alexander Albrechts „Zum Jubiläum“ und Dvořáks Streicherserenade –, waren etwa zwei Jahre nicht nur musikalischer, sondern auch organisatorischer intensiver Vorbereitungszeit nötig gewesen. Die Idee zu dieser Reise, die den fulminanten Höhepunkt des Jubiläumsjahres der DSP bildete, war in der Bundesgeschäftsstelle des VdM entstanden, dem Träger des Ensembles. Mit dem Kulturverbund „kultura“ stand dem Orchester auf ecuadorianischer Seite ein Gastgeber zur Seite, der einen für deutsche Verhältnisse außergewöhnlichen Zusammenschluss von kulturell, wirtschaftlich und politisch agierenden Organisationen und Unternehmen bildet. Johannes Dering-Read („Hannes“), als Koordinator und Repräsentant von „kultura“ schaffte in enger Zusammenarbeit mit engagierten Mitarbeitern der Deutschen Schulen in Quito, Guayaquil und Cuenca hervorragende Bedingungen für den musikalischen und interkulturellen Auftrag der Gäste aus Deutschland. Ins Team hatte sich der ebenso kompetente wie sympathische Schulmusiker der Deutschen Schule Quito den Schweizer Tourismusexperten und Allrounder Andy Nyffeler geholt, mit dem er bereits die Ecuadortournee des Bundesjugendorchesters organisiert und betreut hatte.

 

 

DSP on tour - in Puerto Lopez eine

knatternde Erfahrung. Foto: DSP

Grundvoraussetzung für die Verwirklichung des ambitionierten VdM-Projekts aber waren die Zustimmung und Förderung durch das Goethe-Institut, das bereits mehrfach Auslandstourneen des jüngsten Bundesauswahlorchesters ermöglicht hat. Auch die GVL unterstützte die Reise des ansonsten vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Spitzenensembles engagiert mit einem namhaften Betrag.

Als der Zuwendungsbescheid des Goethe-Instituts im Frühjahr 2013 dann schwarz auf weiß vorlag, wurde die heiße Phase der Vorbereitungen sowohl in Bonn als auch im knapp 10.000 Kilometer entfernten Quito eingeläutet. Elf Tage, vom 6. bis 16. August, sollte die Reise in das Land dauern, das auf kleinstem Raum drei völlig unterschiedliche geographische Zonen aufweist. Etliche Stunden davon schwebten die 49 Mädchen und Jungen sowie das achtköpfige Leitungs- und Betreuerteam aus Deutschland über den Wolken, zwei lange Reisetage im Bus führten sie durch zwei der drei geographischen Zonen.

 

Um drei Konzerte vor insgesamt rund 2.500 begeisterten Zuhörern in den bedeutendsten Städten des Landes geben zu können – in Cuenca, dem „Athen Ecuadors“, in der größten Stadt der Republik, Guayaquil an der Pazifikküsten-Ebene und als Höhepunkt im doppelten Sinn in der rund 2.800 Meter hoch gelegenen Hauptstadt Quito –, galt es, manche Herausforderung zu meistern. Etwa einen 4.100 Meter hoch gelegenen Pass auf schmaler, kurvenreicher Straße zu bewältigen, um dann im weiteren Verlauf der Reise im Fischerdörfchen Puerto Lopez bei „Null“ zu landen. Oder in eben diesem Örtchen 59 Portionen flambierte Bananen zu verspeisen – eine Aufgabe, der sich an diesem Abend ausschließlich das Leitungs- und Betreuerteam stellte. Nebenbei gesagt: mit Bravour. Abgesehen von dem „Streik“ in dieser kulinarischen Angelegenheit legten die Mädchen und Jungen während der gesamten Reise eine eindrucksvolle Geduld und Disziplin an den Tag und erwiesen sich musikalisch wie menschlich als wunderbare Botschafter ihres Landes. Die Aufenthalte in Gastfamilien in Quito und Guayaquil boten kurze, aber sehr intensive Begegnungen mit der fremden Kultur. Die Sorgen und Ängste einiger Kids, ob sie sich denn mit ihren Gasteltern überhaupt würden verständigen können und ob sie tatsächlich Meerschweinchen essen müssten, lösten sich in Luft auf und wechselten rasch in die Hoffnung, den Kontakt zur Gastfamilie nach der Rückkehr in die Heimat etwa via Skype fortsetzen und ausbauen zu können.

 

 

Gemeinsame Probe mit dem

Jugendphilharmonie-Orchester

Guayaquil. Foto: DSP

Den aufgeschlossenen jungen Menschen echte Kontakte im Gastgeberland zu ermöglichen, den Rahmen für offene interkulturelle Begegnungen zu schaffen, ist neben der Erwartung, eine eindrucksvolle musikalische Leistung zu erleben, ein wichtiger Aspekt sowohl für die Veranstalter als auch für die Förderer einer solchen Auslandstournee. Eine dieser Begegnungen fand in Guayaquil statt. Hier stand ein gemeinsamer Workshop der Deutschen Streicherphilharmonie mit dem Jugendphilharmonie-Orchester von Guayaquil auf dem Programm, einem gemeinnützigen Bildungsverein, der es sich zum Ziel gemacht hat, der Jugend von Guayaquil „den Weg zur Kultur und der Kunst zu weisen” und sie in das kulturelle Leben zu integrieren. Leider blieb aufgrund des straffen Zeitplans nur wenig Gelegenheit für einen Austausch der deutschen Gäste mit ihren ecuadorianischen Mitstreichern, mit denen sie unter Leitung des Dirigenten Patricio Jaramillo im Teatro Centro Cívico Eloy Alfaro probten. Umso überraschender und intensiver daher die Wirkung des gemeinsamen Auftritts im Rahmen des DSP-Konzertes am Abend, für den Jaramillo mit „Andarele” so etwas wie die „Nationalhymne” von Guayaquil gewählt hatte. Und die Rechnung ging auf: Die Zuhörer waren schier aus dem Häuschen, als die ecuadorianischen und deutschen Jugendlichen vor der Pause „ihr” Stück spielten.

 

Mehr Zeit für die interkulturellen Begegnungen wünscht sich auch Ulrich Rademacher, Vorsitzender des Verbandes deutscher Musikschulen, der die Deutsche Streicherphilharmonie nach Ecuador begleitete. Er nutzte seine langjährigen, guten Kontakte zur Deutschen Schule in Quito, um an der Schaffung eines optimalen Nährbodens für offene und von gegenseitigem Respekt getragene Begegnungen mitzuwirken. Rademacher zeigte sich beeindruckt von der großen DSP-„Familie“, die es schafft, den sehr hohen musikalischen Anspruch und die strengen Anforderungen an professionelle Proben-und Konzertdisziplin der jungen Talente mit einer großen Fürsorge füreinander zu paaren – einer Fürsorge, die den Umgang von Dirigent, Dozenten, Organisationsteam und DSP-Kids miteinander wesentlich prägt.

 

Diese Achtsamkeit mag es wohl auch letztlich gewesen sein, die die beiden Organisatoren vor Ort am Ende so rührte. Ein großartiges Konzert haben sie erlebt, hinreißende Spielfreude und technisches Können, das beeindruckend ist angesichts der Jugend dieser Musiker auf der Bühne. Dass diese jungen Menschen mit ihrem Dirigenten zum Abschied ihre Wertschätzung für diejenigen zum Ausdruck bringen, die eher im Hintergrund dafür sorgen, dass die Deutsche Streicherphilharmonie sich in die Herzen der Menschen spielen kann, spricht für den guten Geist in diesem Orchester.

 

Brigitte Baldes

 

(veröffentlicht in der neuen musikzeitung 10/2013)
 


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