Kulturelle Vielfalt / Diversität

VdM-Musikschulen: stark, mutig und fröhlich!

Fachtagung „Spektrum Inklusion – Aus der Praxis für die Praxis: Kulturelle Vielfalt an Musikschulen“

 

Workshop „Elternarbeit“ mit Nuray Ates: die Teilnehmer üben

sich in verschiedenen und teilweise ungewohnten

Begrüßungsformen. Foto: Britta Schütz/VdM

Schon vorab der diesjährigen VdM-Fachtagung „Spektrum Inklusion – Aus der Praxis für die Praxis: Kulturelle Vielfalt an Musikschulen“ kam es kurzfristig zu einer Verlegung der Veranstaltung. Aufgrund der Erstversorgung zahlreicher Geflüchteter im Dietrich-Keuning-Haus fand die Tagung in der nahe gelegenen Musikschule Dortmund statt. Dort beschäftigten sich 30 Teilnehmer und Referenten einen Tag lang mit Fragen zur Inklusion, zu Kulturdefinitionen, zu Bevölkerungsstrukturen und gesellschaftlichen Entwicklungen, zur Pädagogik und Musik im kultursensiblen Kontext, zu interkulturellen Kompetenzen und zur Elternarbeit. Thematisch passender hätte der Grund der Verlegung nicht sein können: die öffentlichen Musikschulen stehen auch durch die aktuellen gesellschaftlichen Veränderung durch Zuwanderung nicht nur vor großen Aufgaben, sondern auch vor einer kreativen Zukunft.

„Wir müssen uns selbst ernst nehmen!“ so wies der VdM-Bundesvorsitzende Ulrich Rademacher im Rahmen seiner Begrüßung auf das Bekenntnis des Verbandes zur Inklusion und einer musikalischen Willkommenskultur hin. „Zuwanderung, kulturelle Diversität und Heterogenität sind Chancen für die Inhalte und Formate von Musikschulen“ so Rademacher „und machen Musikschulen stark, mutig und fröhlich“. Gemeinsam mit Ruddi Sodemann, Projektleiter von Müzik NRW und Musikschulleiter der Joseph-Metternich-Musikschule in Hürth, eröffnete der VdM-Bundesvorsitzende die diesjährige VdM-Inklusions-Fachtagung.

Anschließend gaben der Soziologe Christian Papadopoulos, die Professorin für Musikpädagogik und -didaktik Dorothee Barth und der Professor für Musikethnologie Raimund Vogels drei Startimpulse für die Auseinandersetzung mit kultursensibler Musikschularbeit.

 

Christian Papadopoulos stellte die Frage, welche Grundvoraussetzungen bei allen Beteiligten notwendig seien, damit Inklusion gelingen könne. In seinem Vortrag wies er auf die Befähigung mit Vielfalt und menschlichen Besonderheiten umgehen zu lernen hin, denn Inklusion bedeute menschliche Vielfalt als normal anzusehen. Diese zielt nach Papadopoulos, „über eine Defizitorientierung im Sinne einer Abweichung von der Normalität hinaus, ohne individuelle Unterstützungsbedarfe aller Menschen zu verneinen“.  

Daran anschließend beschäftigte sich Dorothee Barth in ihrem Impulsvortrag mit Identitäten in transkulturell verfassten Migrationsgesellschaften. Barth erklärte, dass diese immer wieder durch unterschiedliche Kräfte konstruiert und immer frei gewählt werden und auch Ambivalentes integrieren können: „Man kann eine religiöse Einstellung haben und trotzdem schmutzige Hip Hop-Texte gut finden“. Es sei wichtig, die Identitätsbildung von Schülerinnen und Schülern mit Einwanderungsgeschichten an den Musikschulen zu unterstützen, doch Frau Barth warnte vor der „Reduktion von Kultur auf die ethnische Herkunft“. Diese berge immer die Gefahr von rassistischer Verallgemeinerung.

Als Dritter in der Runde stellte Raimund Vogels vom Center for World Music in Hildesheim den Masterstudiengang „musik.welt – Kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung“ vor. Bei dem Zertifikatsstudium handelt es sich um eine musikethnologische und -pädagogische Ausbildung, die sich auf die Kompetenzentwicklung in den Bereichen Interkulturalität, Musik und Soziale Arbeit, Elementare Musikpädagogik, Projektmanagement sowie die musikalische Praxis konzentriere. „Das Ziel des Studiengangs ist die Aneignung der Fähigkeit, die gesellschaftliche Praxis der Ungleichheit zu erkennen und diese als Chance zu nutzen“, so Vogels.

Am Nachmittag wurden einzelne Aspekte kultureller Vielfalt an Musikschulen in Workshops aufgegriffen und thematisiert. Neben verschiedenen Workshop-Themen, behandelte Nuray Ates das Thema „Interkulturelle Elternarbeit“. Ates betonte die Wichtigkeit, Probleme nicht immer alleine lösen zu wollen. Es handele sich bei vielen Menschen um derart hochindividuelle Migrationsbiographien, dass es von Vorteil sein könne „Sprecher“ oder Multiplikatoren zu finden. Es müsse immer Vertrauen aufgebaut und viel Zeit investiert werden. Wichtige Informationen oder Termine müssten oft wiederholt werden. So könne es gelingen gute Beziehungen, sowohl zu Schülern als auch zu den Angehörigen, aufzubauen. Elena Lazaridou plädierte in Ihrem Workshop zum Thema „Interkulturelle Kompetenzen“ für eine aufsuchende Musikschularbeit. „Es reicht nicht“, so Lazaridou, „nur offen zu sein“. Menschen fühlen sich angenommen, wenn sie individuell angesprochen werden.

Die Abschlussdiskussion der Tagung machte deutlich: Der Wille etwas zu tun und Angebote zu gestalten ist groß. Was die Musikschulen weiterhin benötigen sind gute Vorreiter, zündende Angebotsideen und praktische Anleitungen. Anregungen, die der VdM in Kürze durch die Auswertung der Blitzumfrage zum Thema „Angebote der öffentlichen Musikschulen für Flüchtlinge“ und der geplanten Arbeitshilfe „SPEKTRUM INKLUSION: Wir sind dabei! Wege zur Entwicklung inklusiver  Musikschulen“ zu geben versucht.

 

Britta Schütz

 

veröffentlicht in: nmz (neue musikzeitung) 11/2015

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