29.01.2018 | Deutsche Streicherphilharmonie

Nuancierter Klang, tolles Konzert

Konzertkritik von Hildegard Ginzler im BLICK aktuell

Dernau. Wenn das kein gelungener Start ins neue Jahr war: Die Deutsche Streicherphilharmonie und damit das jüngste Spitzenensemble Deutschlands gastierte im Dernauer Bürgerhaus, wo es am Samstagabend 150 Gäste ein herausragendes Musikereignis offerierte. „Wir sind überrascht und freudig erregt, dass so viele gekommen sind“, hieß seinerseits Dirigent und Moderator Wolfgang Hentrich charmant das Publikum willkommen.

Unter seiner Leitung hatten die bundesweit besten Streicherinstrumentalisten sich für einige Tage ins Trainingslager im Jugendgästehaus in Bachem zurückgezogen. Seit dem 2. Januar probten sie dort täglich zweimal drei Stunden äußerst erfolgreich. Das kann nur gelingen, wenn enorme Begabung und Ehrgeiz vorhanden sind.

Über ein Probespiel haben sich die Ausnahmetalente der öffentlichen Musikschulen Deutschlands für die Mitwirkung in der Deutschen Streicherphilharmonie qualifiziert. Fünf bis sechs Mal im Jahr treffen sie sich zu Konzertreisen und Probenphasen, wie gerade in Bachem. Der Auftritt in Dernau war die öffentliche Generalprobe zu Funkaufnahmen in Köln für die 14. CD des Ensembles in Kooperation mit Deutschlandradio Kultur.

 

Können und Spielfreud

 

Klarer, dichter Streicherklang von 52 jungen Instrumentalisten erfüllte auf Anhieb den Saal, als die Elf- bis 20-Jährigen mit einem Satz aus Max Bruchs „Serenade nach schwedischen Volksmelodien“ begannen. Die Zuhörer schienen die Luft anzuhalten, bis in das sehr sachte Ausstreichen hinein, mit dem der Satz endete.

Ihr hohes technisches Können, große Spielfreude und die Fähigkeit zu nuancierter Ausführung bewiesen die Musiker ungebrochen auch im Fortgang des Konzertes. Dessen Hauptteil bestimmten die komplette Streicherserenade op. 6 von Josef Suk (1874-1935), ein in Deutschland kaum bekannter, aber im Heimatland Tschechien wohlgeachteter Komponist, und Auszüge des „Konzertes für Streichorchester“ von Grazyna Bacewicz (1909-1969).

Hentrich schickte dem Hörgenuss interessante Informationen zu Suk voraus, der mehrere Instrumente spielte und komponiert hat – „das war seine Leidenschaft“. Suk interessierte alles Moderne. Er stellte seine Musik dem berühmten Komponisten Antonín Dvorák vor. Der riet ihm zwar, einfacher zu schreiben. „Daraufhin schrieb er das Stück, aber er konnte das Komplizierte voller Vorzeichen, bs und Kreuzchen nicht lassen“. Auch die Annäherung an Dvoráks Tochter, zu der Suk eine zarte Liebesbeziehung aufnahm und die er später heiratete, sei nicht einfach gewesen, so Hentrich, bevor er ankündigte: „Wir spielen jetzt diese schöne Liebesgeschichte mit komplizierten Vorzeichen für Sie“.

 

Atemberaubend schön

 

Für das gebannt lauschende Publikum entfaltete sich ein ungemein komplexes Tongewebe, mal schwebend, mal kraftvoll akzentuiert, mit fröhlichen Einsprengseln wie frühlingshaftes Vogelgezwitscher bis zu sehnsüchtigen, ahnungsvoll schwermütigen Passagen, ein atemberaubend schöner Klang, der Schauer über die Haut jagte. Spätromantiker Suk eröffnete quasi eine Wanderung durch eine höchst abwechslungsreiche Landschaft mit überraschend sprunghaften Wechseln, zuweilen hin zu Abgründen, um sich alsbald erquicklichen, heiter gefärbten Gefilden zuzuwenden.

Selbst den Ohren musikliebender Laien teilte sich mit, mit welcher Professionalität die jungen Streicher die zahlreich verteilten technischen Klippen scheinbar mühelos überwanden, um einzig die Virtuosität der Musik zum Tragen zu bringen. Die Interpreten selbst und ihr Dirigent wurden ebenso davon ergriffen. Im kraftvoll anhebenden vierten Satz bewegten die sieben Kontrabassisten, die sich nun mehr als bisher einbringen mussten, den Kopf rhythmisch zum Spiel am Instrument. Hentrich wippte mit dem Absatz, beugte sich vor, und in einer einzigen Bewegung gingen die Streicherbögen der Violinen und sein Taktstock hoch. Dem strahlenden Finale folgte heftiger Applaus.

 

Widerborstiges Temperament

 

Auch das Stück der polnischen Geigerin und modernen Komponistin Grazyna Bacewicz begeisterte, wenngleich sein mitunter widerborstiges Temperament die Ohren stärker herausfordert. Um das Auditorium beschwingt ins Neujahr zu bringen, bot die Deutsche Streicherphilharmonie, die vom Familienministerium unterstützt wird, drei muntere Piecen: Das „Palladio“ von Karl Jenkins, eine kurze Suite mit treibendem Rhythmus, die gezupfte „Pizzicato-Polka“ der Brüder Strauss, zu der die Zuhörer klatschten und den „Libertango“ Ástor Piazzollas.

Als furiose Zugabe des tollen Konzertes spendierten die noch jungen, aber schon großartigen Musiker „Der Sommer“ von Vivaldi. Langer Beifall und Bravo-Rufe begleiteten ihren Auszug. […]

 

Hildegard Ginzler (BLICK aktuell, 9. Januar 2018)

 


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