18.03.2022 | Eigenbetrieb Heinrich-Schütz-Konservatorium der Landeshauptstadt Dresden

Neuanfang mit dem Zeigefinger

Tara, Klavierschülerin am Heinrich-Schütz-Konservatorium Dresden, freut sich über Noten in Blindenschrift

Bis vor circa vier Jahren konnte Tara beim Erlernen eines neuen Klavierstückes die Noten noch mit ihren Augen lesen. Zwar war sie schon damals sehbehindert, doch mit starker Vergrößerung am Tablet gelang es ihr, die sogenannte Punktnotation zu dechiffrieren. Nach einer Operation nahm ihre Sehkraft innerhalb kürzester Zeit so stark ab, dass ihr dies nicht mehr möglich war. Mit dem Klavierspielen aufzuhören, kam für die heute 19-Jährige nicht infrage, zu groß ist ihre Leidenschaft für die Musik und das Klavierspielen.

 
Bachs »Wohltemperiertes Klavier« in Blindenschrift. Foto: HSKD

Und so übt sich Tara seit einiger Zeit im Ertasten der Noten, denn glücklicherweise werden nicht nur Texte sondern auch Noten in Punktschrift übertragen. Erdacht wurde das System von eben jenem Pionier, der auch die Blindenschrift erfand: Louis Braille (1809-1852). Er, selbst Organist, übersetzte ganze Orgelpartituren in die auf dem „Sechs-Punkt-System" basierende Notenschrift, die bis heute als Standartschrift in Verwendung ist. Einfach zu erlernen ist sie jedoch nicht, wie Tara zu berichten weiß, die sich gerade Bachs »Wohltemperiertem Klavier« widmet. Nachdem Tara im letzten Jahr den ersten Band des Werkes durch die finanzielle Unterstützung des Fördervereins „Freunde des HSKD e. V." erwerben konnte, unterstützte sie der Verein auch bei der Anschaffung des zweiten Bandes. „Ich freue mich wirklich sehr darüber. Und das Tolle ist, dass die Nachricht genau an meinem Geburtstag ankam", erzählt Tara.


Doch wer bringt blinden Menschen das Lesen der besonderen Noten bei? „Zweimal jährlich bietet der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. einwöchige Kurse zum Erlernen der Notenschrift für sehbehinderte Menschen an", berichtet Tara. Zudem pflegt sie engen Kontakt zu einer Kursdozentin, die ihr bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite steht. Denn die zu ertastende Notation hält so einige Tücken und Schwierigkeiten bereit. So werden die Stimmen für die rechte und linke Hand nicht untereinander sondern abschnittsweise nacheinander notiert, da der Finger nur eine Zeile ertasten kann. Das „Zusammensetzen" obliegt dann der Pianistin bzw. dem Pianisten. Überhaupt sind mehrere Zeichen notwendig, um eine Note zu beschreiben: für die Note selbst, die entsprechende Oktavlage, für ein eventuelles Vorzeichen und die Artikulation. Hinzu kommen möglicherweise noch Stimmzeichen, Intervallzeichen oder Fingersätze. Das Positive ist, so Tara, „dass das nervige Zählen der Hilfslinien entfällt" und lacht.


Mit ihrer positiven Einstellung und Willensstärke lässt sie sich nicht entmutigen, freut sich über interessierte Fragen und sieht sich als Botschafterin, verkündend, dass auch ohne Augenlicht fast
alles möglich ist. So wird Tara in wenigen Wochen gemeinsam mit ihrem Duopartner beim Wettbewerb „Jugend musiziert" antreten.

 

http://www.hskd.de
 


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