14.07.2014 | Kreismusikschule Viersen

1000 Kinder trommeln

Bildungsprojekt der Kreismusikschule Viersen

 
Alle Fotos: Kurt Lübke

"Wir woll'n Rhythmus!" Aus 1040 Kinderkehlen schallt dieser Refrain frei nach Queen "We will rock you" durchs Rund der Grefrather Eissporthalle. Der dazu gehörige Trommelwirbel aus ebenso vielen Djemben und Congas dringt nicht nur ins Ohr der knapp 2500 Zuhörer, er geht unter die Haut und direkt ins Herz. Das Bildungsprojekt "1000 Kinder trommeln" der Kreismusikschule Viersen am 25. Mai im Grefrather EisSport & EventPark hat bei allen, die dabei gewesen sind, nachhaltig Positives hinterlassen. Bei "1000 Kinder trommeln" handelt es sich um das größte Bildungsprojekt auf musikalischer Ebene, das es jemals im Kreis Viersen gegeben hat.

 

"Es war faszinierend zu erleben, wie die Mädchen und Jungen aus 28 Schulen im Kreis Viersen mitgemacht haben und der Funke der Begeisterung übergesprungen ist", sagt Ralf Holtschneider, Leiter der Kreismusikschule. Die monatelange Vorbereitung, an der mehr als 1000 Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren, rund 80 Lehrerinnen und Lehrer aus 28 Schulen sowie ein breit aufgestelltes Organisationsteam des Kreises Viersen beteiligt waren, hat sich gelohnt. "So ist Bildung vielen jungen Menschen in ihrer intensivsten und aufregendsten Form vermittelt worden", sagt Landrat Peter Ottmann. Für Kulturdezernent Dr. Andreas Coenen, der auch auf die wissenschaftliche Begleitung des Projektes durch die Universität Osnabrück abhebt, steht die "ganzheitliche musikalische, soziale und geistige Förderung von Kindern" im Mittelpunkt. Das i-Tüpfelchen war die hervorragende Akustik in der Grefrather Eissporthalle, die für dieses Event genau der richtige Rahmen war.

 

An der Aufführung nahmen 27 Grundschulen und eine Förderschule aus dem Kreis Viersen teil. 46 Klassen der zweiten, dritten und vierten Jahrgangsstufe, jahrgangs-übergreifende 1/2 Klassen und eine jahrgangsüberreifende 4/5 Klasse reihten sich nahtlos ein.

 

Hauptsponsor der Veranstaltung war die Sparkassenstiftung "Natur und Kultur" Kreis Viersen. Landrat Ottmann war Schirmherr. Als Botschafter fungierte Till Brönner, einer der bekanntesten Jazztrompeter unserer Zeit. Der 1971 in Viersen geborene Musiker, Echo-Preisträger der Jahre 2007, 2008 und 2009 in der Kategorie Jazz national/international, unterstützte die Veranstaltung. Till Brönner konnte beim Konzert selbst aber leider nicht dabei sein, was er persönlich sehr bedauerte.

 

Vor dem Ereignis am 25.5. bedurfte es intensiver Vorbereitung. Die teilnehmenden Klassen haben Wochen vorher die Stücke für die Veranstaltung in den Grundschulen geprobt. "Zusätzlich lernten die Schülerinnen und Schüler die Signale und Zeichen der Dirigenten, mit deren Hilfe von der Centerbühne die Aktionen gesteuert werden", sagt Ralf Holtschneider. Der Musikschuldirektor hat selbst von der Centerbühne aus mit Achim Buschmann, Schlagzeuglehrer der Kreismusikschule, zusammen dirigiert.

 

Vom 5. bis 9. Mai fanden die Proben für alle teilnehmenden Klassen in der Sporthalle der Brüder-Grimm-Schule in Viersen-Süchteln statt. Die Proben waren während der Schulzeit am Vormittag. Der Transfer der Schüler von den Grundschulen nach Süchteln erfolgte mit Schulbussen - eine gewaltige logistische Leistung. An den fünf Tagen probten jeweils 200 Schüler mehrstimmig das Programm ein. Jede Klasse war einmal an einem Probentag eingebunden. Die Instrumente wurden vorab zentral organisiert und transportiert.

 

Am Konzerttag selbst wurden die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Instrument von den Eltern zum Eisstadion nach Grefrath gebracht. Damit sich nicht am Eisstadion trotz der großzügigen Parkmöglichkeiten alles staute, bildeten viele Fahrgemeinschaften. Trotz der 1800 kostenlosen Parkplätze am Eisstadion mussten viele auf benachbarte Straßen ausweichen und ihren Wagen dort abstellen. Dennoch war von Hektik keine Spur. Die einweisenden Kräfte des Sicherheitsdienstes waren ruhig und freundlich, die Autofahrer gelassen und entspannt.

 

Für die Veranstalter war es nicht einfach, die Vielzahl der Nachfragen zu bündeln. Für das Event hätte man locker das Drei- oder Vierfache ins Stadion bringen können. Die Halle verfügt über 2500 ausgewiesene Besucherplätze. Von vornherein war klar, dass Eltern, Geschwister, Verwandte und nahe Angehörige den Vortritt hatten, das Konzert zu genießen. "Es wollten auch etliche bei der Generalprobe zugegen sein, aber das war nicht möglich, hierfür brauchten die Kinder absolute Ruhe und Konzentration", sagt Ralf Holtschneider. Dem Organisationsteam der Veranstaltung gelang es außerdem, den Sitzplatz der Eltern möglichst in der Nähe des eigenen musizierenden Kindes zu legen.

 

Selbst für einen erfahrenen Musikpädagogen wie Ralf Holtschneider war "1000 Kinder trommeln" eine außerordentliche Herausforderung. Jeder Handgriff musste sitzen, jeder Ablauf war generalstabsmäßig geplant. Das Konzert fand im Innenbereich der Multifunktionshalle des Grefrather Eisstadions statt. Dieser Innenbereich ist 2000 Quadratmeter groß. Die Innenfläche war in vier gleichgroße Bereiche aufgeteilt, die analog  vier Stimmen zugeordnet waren. Die Schüler musizierten gemeinschaftlich mit der Stimme, mit dem Körper und mit afrikanischen Trommeln und Percussion-Instrumenten. Die Lehrer der Kreismusikschule Viersen unterstützen die Klassen und musizierten mit den Schülern. Lehrer der beteiligten Grundschulen saßen mit den Schülern im Innenbereich und führten Aufsicht bzw. unterstützten die Schüler. Die Centerbühne und der Innenbereich wurden mikrofoniert und farblich illuminiert und sorgten beim Publikum für eine unvergessene und perfekt inszenierte Show Auf der Centerbühne - acht an acht Meter groß und einen Meter hoch - wurden die vier Großgruppen durch professionelle Musiker des Landesjugendensembles SPLASH – Percussion NRW instrumental unterstützt. Holtschneider: "Die Kommunikation erfolgte über vereinbarte Signale und Zeichen sowie über Ansagen." Am Ende waren alle dank der guten Vorbereitung und der großartigen Leistung der Schülerinnen und Schüler hochzufrieden und glücklich.

 

 Hinter "1000 Kinder trommeln" steht das Kooperationsprojekt "Musikabenteuer für Kinder" zwischen der Kreismusikschule und den Schulen im Kreis Viersen. Mittlerweile nehmen rund 3500 Kinder aus 145 Schulklassen aus allen neun Städten und Gemeinden des Kreises Viersen an diesem 2009 initiierten Bildungsprojekt teil. "Dieses innovative Konzept hat neue Wege erschlossen, schulische und außerschulische Bildung zu vernetzen", sagt Schulamtsdirektorin Rosemarie Voßen. "Dieser mutige Schritt, der von Erfolg gekrönt wurde, ist auch im Zusammenhang einer sich verändernden Gesellschaft sehr positiv zu sehen", sagt ihr Kollege, Schulamtsdirektor Thomas Bongartz.

 

Für die Kreismusikschule Viersen war "1000 Kinder trommeln" ein weiterer Meilenstein einer Ausrichtung, die das Kulturdezernat des Kreises Viersen mit Unterstützung des Kulturausschusses vor einigen Jahren initiiert hat. Die Kreismusikschule versteht sich seit ihrer Gründung im Jahre 1961 als Kompetenzzentrum für musikalische Bildung. Dies fördert sie durch einen regelmäßigen Unterricht, der musikalische Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen entwickelt. Mittlerweile hat die Kreismusikschule rund 5500 Schülerinnen und Schüler, es gibt 34 Fächer und 40 verschiedene Instrumente.

 

Darüber hinaus ist die Kreismusikschule seit 2013 zertifiziert nach QsM, das bedeutet "Qualitätssystem Musikschule". Das Gütesiegel wird vom Verband deutscher Musikschulen verliehen. Ebenfalls seit 2013 hat die Kreismusikschule ein Leitbild, in dem u.a. festgeschrieben ist, dass die Schule professionelle Arbeit nach vereinbarten Qualitätsstandards leistet. Besonderer Wert wird auf das gemeinsame Musizieren gelegt. "Wir führen unsere Schülerinnen und Schüler in Bands, Chören, Ensembles und Orchestern zusammen, in denen sie miteinander Freude an der Musik erleben können", sagt Ralf Holtschneider.

 

Die Kreismusikschule  setzt seit geraumer Zeit auf ein Bildungsnetzwerk Kreis Viersen. Grundlage ist ein Kooperationsvertrag zwischen dem Kreis und dem Land NRW. Die Kreismusikschule ist im Rahmen dieses Netzwerks Kooperationspartner in der kommunalen Bildungslandschaft. Ein nachhaltigen und erfolgreiches Ergebnis dieser Bemühungen ist das Bildungsprojekt "Musikabenteuerfür Kinder", das 30 Grundschulen und eine Förderschule im Kreis einbindet und flächendeckend angeboten wird.

 

"Musikabenteuer" ist auch das Stichwort, das mit dem Projekt "1000 Kinder trommeln" einen außergewöhnlichen Höhepunkt fand. Die Verantwortlichen beim Kreis Viersen sind sich darüber bewusst, dass es in den letzten Jahren eine Reihe von gesellschaftlichen Veränderungen gegeben hat. Unter anderem führen Ganztagsschulen zu einer veränderten Zeitstruktur bei Kindern und Jugendlichen am Nachmittag. "Diese Entwicklung ist für die außerschulischen Bildungspartner eine  Herausforderung", sagt Rosemarie Voßen. Gilt es doch, neue Konzepte zu entwickeln. Zudem erreicht der klassische Musikschulunterricht Kinder aus bildungsferneren Familien bzw. aus einem anderen kulturellen Hintergrund nur in geringem Umfang. "Außerdem kommt das gemeinsame Musizieren im Musikunterricht in den Grundschulen in den letzten Jahren mehr und mehr zu kurz",  sagt Thomas Bongartz.

 

Um allen Kindern und Jugendlichen musikalische Erfahrungen zu ermöglichen, hat das Regionale Bildungsnetzwerk des Kreises Viersen die Kreismusikschule mit unterschiedlichen Bildungspartnern wie dem Schulamt, den Grundschulen, dem Amt für Schule, Jugend und Familie, der Westfälischen Wilhelm-Universität Münster und der Universität Osnabrück vernetzt. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt "Musikabenteuer für Kinder" vor fünf Jahren aus der Taufe gehoben. Es beinhaltet die beiden Programme "Kinder entdecken" für Erstklässler und "Kinder trommeln" für Zweit- bis Viertklässler. Erweitert wurde das Projekt durch das Programm „Kinder erleben“ für  Kindertagesstätten. 2011 wurde das Projekt im Rahmen des Ideenwettbewerbs für Kommunen mit dem Innovationspreis der NRW.Bank ausgezeichnet. Den Preis überreichte NRW-Innenminister Ralf Jäger dem Landrat Peter Ottmann in Düsseldorf.

 

Das alles macht deutlich, warum das Bildungsangebot "1000 Kinder trommeln" dem Kreis Viersen so am Herzen liegt und warum dieses Mammutprojekt von einem solchen Erfolg gekrönt ist. Ralf Holtschneider bringt es als Musikpädagoge auf den Punkt: Die Arbeit mit Schlag- und Rhythmus-Instrumenten führt über die Körperarbeit zu einem positiven Körpergefühl, die Sensomotorik der Kinder verbessert sich spielerisch." Was für die Mädchen und Jungen, deren Lehrer, Eltern, Verwandte und Freunde aber genauso wichtig gewesen sein dürfte: Sie haben vor gewaltiger Kulisse gemeinsam musiziert, Freundschaften geschlossen, Selbstvertrauen getankt und über die afrikanischen Trommeln einen spannenden afro-brasilianischen Kulturkreis kennen gelernt. Mehr Bildung geht nicht.

 

www.kreismusikschule-viersen.de
www.kreis-viersen.de

 

Dieser Text ist erschienen im Magazin "Eildienst" des Landkreistages NRW


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